Neue Hebammenhilfevertrag: Änderungen ab Nov 2025
aktualisiert am 2. November 2025 by admin
Der Begriff „neue Hebammenhilfevertrag“ bezeichnet den neu festgesetzten Rahmenvertrag zur Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V, der ab dem 1. November 2025 bundesweit gelten soll.
Dieses Thema ist hochrelevant: Für freiberuflich tätige Hebammen bedeutet er eine veränderte Vergütung und Abrechnung, für Kliniken, Schwangere und Wochenbett-Betreuung ergeben sich neue Strukturen — und viele Fragen sowie Warnzeichen tauchen auf. Die Reform wird in der Hebammen- und Geburtshilfelandschaft intensiv diskutiert, da sie nicht nur die Arbeitsbedingungen verändert, sondern auch die Versorgungssituation von Schwangeren betreffen kann.
In diesem Artikel erfahren Sie welche Änderungen konkret vorgesehen sind, was das für Hebammen und Schwangere bedeutet, wo die Kritik liegt und wie Sie sich vorbereiten können. Dabei richtet sich der Artikel sowohl an Hebammen, Geburtshäuser und Kliniken als auch an werdende Eltern, die mit den Neuerungen vertraut sein sollten.
Hintergrund & Zielsetzung
Der aktuelle Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V wurde am 2. April 2025 durch die zuständige Schiedsstelle beschlossen.
Er löst den bisherigen Vertrag ab und wird ab 1. November 2025 wirksam.
Die Zielsetzungen sind laut Vertragspartnern folgende:
- eine bundesweit einheitliche, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung mit Hebammenhilfe sicherzustellen.
- Qualitäts- und Strukturstandards bei Hebammenleistungen weiterzuentwickeln.
- die Vergütungs- und Abrechnungsstruktur zu modernisieren: z. B. Abrechnung in 5-Minuten-Einheiten, verbesserte Vergütung für Leistungen mit hohem Zeit-/Betreuungsaufwand.
- insbesondere die Betreuung während der Geburt durch freiberufliche Hebammen — sogenannte Beleghebammen — qualitativ zu stärken.
Insgesamt war das Ziel also, sowohl die Rahmenbedingungen für Hebammen zu verbessern als auch die Versorgungssicherheit in der Geburtshilfe für Schwangere und Familien langfristig zu sichern.
Änderungen im Überblick
Nachfolgend finden Sie eine Tabelle, die die wichtigsten Änderungen des neuen Hebammenhilfevertrags gegenüber dem bisherigen Vertragswerk zusammenfasst:
| Themenbereich | Bisherige Regelung | Neue Regelung (ab 1.11.2025) |
|---|---|---|
| Inkrafttreten | Bestehender Vertrag, teils alte Vergütung und Struktur | Neuer Vertrag ab 1. November 2025 gilt neu. |
| Vergütung außerklinischer Hebammen | Stundenvergütung ca. 56 €/h (ungefähr) | Stundenvergütung ca. 74,28 € für außerklinische Hebammen. |
| Abrechnungseinheit | Häufig Pauschalen oder längere Zeitblöcke | Abrechnung in 5-Minuten-Einheiten möglich. |
| Betreuung durch Beleghebammen (im Krankenhaus) | Vergütung unterschiedlich, teils parallel mehrere Gebärende betreut | Neu: höhere Vergütung bei 1:1-Betreuung (z. B. ca. 85,40 €/h) bei exklusiver Begleitung; Basissatz ca. 59,40 €/h bei anderen Fällen. |
| Dokumentation & Abrechnung | Unterschiedliche Regelungen je Bundesland; teils hoher Dokumentationsaufwand | Vereinfachte Dokumentation, elektronische Dokumente möglich, Abrechnung nur entweder alt oder neu („Mischrechnung“ ausgeschlossen) |
| Leistungs-Kontingente & Regeln | Weniger klare Vorgaben zu Anzahl und Umfang der Kontakte | Neue Kontingente: z. B. Anzahl der Einheiten pro Tag, Gesamtzahl der Kontakte in Schwangerschaft und Wochenbett. |
Was bedeutet das konkret für Hebammen?
Für freiberuflich tätige Hebammen, insbesondere Beleghebammen, ergeben sich durch den neuen Vertrag mehrere Chancen aber auch Risiken.
Chancen
- Höhere Vergütung für außerklinische Hebammen: Die Erhöhung von ungefähr 56 €/h auf ~74 €/h stellt eine deutliche Verbesserung dar.
- Bessere Honorierung von zeit- und betreuungsaufwändigen Leistungen: Die Abrechnung in 5-Minuten-Schritten erlaubt eine gerechtere Vergütung für intensive Einsätze.
- Stärkung der 1:1-Betreuung bei Geburten: Durch Zuschläge und höhere Vergütung wird die individuelle Begleitung durch eine Hebamme während Geburt höher priorisiert.
- Strukturierung und Klarheit: Klare Leistungs- und Abrechnungsregeln schaffen mehr Planbarkeit, z. B. wie viele Leistungseinheiten täglich oder in der Schwangerschaft möglich sind.
Risiken & Kritik
- Verdiensteinbußen für bestimmte Fälle: Insbesondere Beleghebammen, die noch parallel mehrere Frauen betreuen, sehen sich mit niedrigeren Vergütungssätzen konfrontiert. Beispielsweise werden bei paralleler Betreuung weniger Stundenvergütung gezahlt.
- Mehr Bürokratie und Dokumentationspflichten: Auch wenn vereinfachte Dokumentation angestrebt wird, gelten neue Vorgaben — z. B. Abrechnung in 5-Minuten-Einheiten, Kontingente. Das bringt Umstellungsaufwand mit sich.
- Versorgungssicherheit gefährdet: Der Deutscher Hebammenverband (DHV) warnt, dass durch die neue Vergütung insbesondere in Regionen mit wenigen Hebammen das Belegsystem gefährdet sei — und damit die geburtshilfliche Versorgung für Frauen leiden könnte.
- Übergangsregelung & Mischnutzung ausgeschlossen: Wer Leistungen bis 31.10.2025 erbringt, rechnet nach altem Vertrag ab; ab 1.11.2025 nur noch nach neuem Vertrag. Eine „Mischabrechnung“ ist ausgeschlossen.
Was bedeutet das für Schwangere & Wöchnerinnen?
Auch aus Sicht von werdenden Eltern und Frauen im Wochenbett gibt es durch die neue Regelung wichtige Aspekte zu beachten:
- Qualitativ stärkere Betreuung: Ziel ist eine persönliche Betreuung durch eine Hebamme (1:1) während wesentlicher Geburtsphasen. Das kann das Geburtserlebnis verbessern und Risiken reduzieren.
- Frühzeitige Planung empfohlen: Da sich das System verändert – insbesondere im Bereich Beleghebammen – sollten Schwangere sich früh um eine Hebamme bemühen und die Klinik-Hebammenbetreuung im Blick haben.
- Mögliche Versorgungsengpässe: Insbesondere in Regionen mit knappem Hebammenangebot besteht die Gefahr, dass Dienste eingeschränkt werden – etwa wenn Beleghebammen aus dem Beruf aussteigen.
- Transparenz bei Abrechnung & Leistungen: Schwangere können nachfragen, ob ihre Hebamme am neuen Vertrag teilnimmt und welche Leistungen im Schwangerschafts- und Wochenbett-Bereich abgedeckt sind.
Tipps zur praktischen Umsetzung
Für Hebammen
- Prüfen Sie ob und ab wann Sie Leistungen unter dem neuen Vertrag abrechnen (ab 1.11.2025).
- Nutzen Sie geeignete Abrechnungssoftware, die die 5-Minuten-Taktung unterstützt.
- Prüfen Sie Ihre Leistungskontingente (z. B. Anzahl Hausbesuche pro Tag) nach neuem Vertrag.
- Achten Sie auf Änderungen im Bereich Beleghebammenbetreuung: Wenn Sie im Klinik-Belegsystem arbeiten, analysieren Sie die neuen Vergütungssätze und Szenarien (1:1 vs. Mehrfachbetreuung).
- Dokumentieren Sie frühzeitig Ihre Umstellung und informieren Sie Ihre Kranken- und Kassenkontakte sowie ggf. Geburtshäuser.
Für Schwangere & Familien
- Fragen Sie frühzeitig nach Hebammen-Betreuung: Wer begleitet Sie? Ist es eine Beleghebamme? Wie ist die Betreuung geregelt?
- Überprüfen Sie, ob alle Leistungen abgedeckt sind (Schwangerschaftsbetreuung, Geburt, Wochenbett, Stillberatung) – insbesondere, ob die Hebamme nach dem neuen Vertrag arbeitet.
- Achten Sie auf Regionale Versorgungslage: In manchen Regionen ist das Hebammenangebot bereits angespannt, daher frühzeitig anmelden.
- Klären Sie mit Ihrer Klinik, wie das Beleghebammen-System dort ausgestaltet ist — und ob sich durch den neuen Vertrag Änderungen ergeben könnten.
Einordnung & Kritik
Der neue Vertrag wird von den Vertragspartnern als Fortschritt dargestellt: Der GKV‑Spitzenverband spricht von „fairer Vergütung und besserer Qualität“.
Gleichzeitig gibt es deutliche Warnzeichen:
- Der Deutsche Hebammenverband sieht insbesondere für Beleghebammen erhebliche Risiken: Verdiensteinbußen von bis zu 30 % werden genannt.
- Eine Online-Petition fordert die Rücknahme oder umfassende Überarbeitung des Vertrags.
- Kritik richtet sich darauf, dass die neue Struktur parallel mehrere Gebärende schlechter entlohnt, obwohl die Hebamme die Verantwortung trägt.
Dieser Zwiespalt zeigt: Die Reform bringt wichtige Verbesserungen, aber auch Stolpersteine – insbesondere in regionalen Geburtenhilfebereichen, wo Hebammen ohnehin unter Druck stehen.
Zeitachse: Meilensteine des Vertrags
| Datum | Ereignis |
|---|---|
| 02.04.2025 | Schiedsstelle setzt neuen Hebammenhilfevertrag (§ 134a SGB V) fest. |
| 01.05.2025 | Übergangsregelungen treten in Kraft (z. B. Beiträgeerhöhung). |
| 31.10.2025 | Letzter Tag für Abrechnung nach altem Vertrag. |
| 01.11.2025 | Neuer Vertrag wird wirksam. |
| 31.12.2027 | Laufzeitende des neuen Vertrags (zumindest in der ersten Fassung). |
FAQ (Häufige Fragen)
Frage 1: Was ist der „neue Hebammenhilfevertrag“?
Antwort: Es handelt sich um den Rahmenvertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V, der ab 1. November 2025 gilt und Vergütungs-, Abrechnungs- und Strukturregelungen für freiberufliche Hebammen bundesweit neu festlegt.
Frage 2: Wann tritt der Vertrag genau in Kraft?
Antwort: Der Vertrag gilt ab dem 1. November 2025 für Leistungen, die ab diesem Datum erbracht werden. Für die Übergangszeit ab 1. Mai 2025 gelten bereits Anpassungen.
Frage 3: Gilt der neue Vertrag auch für Klinik-Beleghebammen?
Antwort: Ja. Freiberuflich tätige Beleghebammen im Krankenhaus sind ebenfalls vom neuen Vertrag betroffen. Es gelten für sie gesonderte Vergütungssätze (z. B. 59,40 €/h Basissatz, höher bei 1:1-Betreuung) und andere Rahmenbedingungen.
Frage 4: Bedeutet der neue Vertrag für mich als Schwangere bessere Betreuung?
Antwort: Das Ziel ist eine qualitativ stärkere Betreuung, insbesondere durch eine gezielte 1:1-Begleitung durch die Hebamme bei der Geburt. Allerdings hängt es von der jeweiligen Hebamme/Klinik sowie regionaler Versorgungssituation ab, ob Sie davon konkret profitieren.
Frage 5: Was sollte ich als Hebamme beachten?
Antwort: Wichtige Punkte sind: Umstellung auf 5-Minuten-Abrechnung, Prüfung der Kontingente, klare Zuordnung alt/neu Vertrag für Leistungen vor/nach 1.11.2025, ggf. Anpassung Software & Dokumentation, frühzeitige Abstimmung mit Abrechnungsdienstleistern.
Fazit
Der neue Hebammenhilfevertrag markiert einen wichtigen Schritt in der Reform der Hebammenversorgung in Deutschland: Er bringt deutliche Vergütungserhöhungen, modernisierte Abrechnungssysteme, eine stärkere Betonung der individuellen Betreuung – insbesondere im Geburtshilfebereich. Gleichzeitig wirft er Fragen auf: Wird die Versorgung flächendeckend sichergestellt? Wie stark werden die regionalen Unterschiede in der Hebammenversorgung beeinflusst? Können Beleghebammen ihren Beruf weiterhin wirtschaftlich betreiben?
Für Hebammen gilt: frühzeitig vorbereiten, Prozesse anpassen, Leistungen transparent kommunizieren. Für Schwangere und Familien gilt: sich frühzeitig informieren, Hebammen-Betreuung aktiv verhandeln und auf regionale Versorgung achten.
Mit einem solchen Überblick sind Sie gut gerüstet, die Veränderungen rund um den neue Hebammenhilfevertrag zu verstehen, zu bewerten und darauf zu reagieren – sei es als Hebamme, Geburtshaus, Klinik oder werdende Mutter.